Bending auf der E-Gitarre: Die Technik der Rock-Legenden [Anleitung]

Mirco Sontag
Mirco Sontag

Gitarrenlehrer

Letzte Aktualisierung: 17.10.2025

Du willst Soli spielen, die Gänsehaut erzeugen? Dann ist das Bending deine absolute Superkraft! Es ist diese eine Technik, die eine E-Gitarre weinen, schreien und singen lassen kann. Vom emotionalen Blues eines B.B. King bis zu den epischen Rock-Hymnen von Slash oder David Gilmour – das Saitenziehen ist das Herzstück eines jeden ausdrucksstarken Gitarrensolos.

Wir zeigen dir hier nicht nur die trockene Technik, sondern auch, wie du mit dem richtigen Bending den Sound deiner Rock-Idole erreichst und deiner Gitarre eine echte Stimme verleihst. Schnall dich an, es wird gefühlvoll!

Das Wichtigste zu Bending Gitarre in Kürze

  • Grundsätzlich: Bending (oder Saitenziehen) ist eine Spieltechnik, bei der du eine angeschlagene Saite mit der Greifhand ziehst, um die Tonhöhe stufenlos zu erhöhen.

  • Wichtig: Das A und O ist die Intonation! Du musst den Zielton exakt treffen, damit das Bending sauber und nicht schief klingt. Nutze immer mehrere Finger, um genug Kraft und Kontrolle zu haben.

  • Tipp: Um dein Gehör zu schulen, spiele den Zielton zuerst ganz normal (z.B. im 7. Bund) und versuche dann, diesen Ton durch ein Bending (z.B. vom 5. Bund aus) exakt zu treffen.

Bending kurz und knackig im Video erklärt

Ellenlange Texte lesen ist nicht Deins? Kein Problem – wir erklären dir in folgendem Video, was es mit diesem Bending auf der Gitarre auf sich hat.

Was ist Bending und warum ist es für Rock-Soli unverzichtbar?

Stell dir vor, du spielst ein Solo. Die Noten sind korrekt, der Rhythmus stimmt, aber irgendetwas fehlt. Es klingt steril, fast wie ein Computer. Das Bending ist das, was deinem Spiel das menschliche, emotionale und oft auch raue Element hinzufügt. Es ist im Grunde die Gitarren-Version der menschlichen Stimme.

Durch das Ziehen der Saite erzeugst du eine fließende Tonhöhenänderung, die für eine enorme Ausdruckskraft sorgt. Im Rock ist das Bending unverzichtbar, um Spannung aufzubauen, Melodien singen zu lassen und diesen legendären, "größer als das Leben"-Sound zu erzeugen, den wir alle lieben. Wenn du die Grundlagen des Solospiels meistern willst, ist das ein entscheidender Schritt auf deinem Weg zum Rockstar.

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Die richtige Technik: So ziehst du die Saiten wie ein Profi

Ein kraftvolles und sauberes Bending kommt nicht aus den Fingerspitzen allein, sondern aus einer koordinierten Bewegung deines ganzen Handgelenks. So gehst du Schritt für Schritt vor:

  1. Stabile Handposition: Lege deinen Daumen über den Rand des Gitarrenhalses. Das gibt dir den nötigen Hebel und Stabilität. Deine Finger sollten leicht schräg auf dem Griffbrett stehen.

  2. Nutze mehrere Finger: Auch wenn du nur eine Note greifst (z.B. mit dem Ringfinger), lass deine anderen Finger (Mittel- und Zeigefinger) dahinter auf derselben Saite zur Unterstützung mithelfen. So hast du deutlich mehr Kraft und Kontrolle.

  3. Dämpfe die anderen Saiten: Lege deinen Zeigefinger flach über die Saiten, die du nicht spielst. So verhinderst du unerwünschte Nebengeräusche und dein Bending klingt sauber und definiert.

  4. Die Bewegung kommt aus dem Handgelenk: Schlage die Saite an und ziehe sie. Die Kraft kommt dabei aus einer Drehbewegung deines Handgelenks, als würdest du einen Türknauf drehen. Deine Finger bleiben dabei gekrümmt und stabil.

  5. Oben oder unten? Ob du die Saite nach oben (Richtung Decke) oder nach unten (Richtung Boden) ziehst, ist Geschmackssache und hängt von der Saite ab. Auf den hohen Saiten (G, B, E) zieht man meist nach oben, auf den tiefen (E, A, D) eher nach unten. Der Effekt ist derselbe: Der Ton wird höher.

Welche Arten von Bending gibt es?

Bending ist eine unglaublich vielseitige Technik, mit der du deinem Gitarrenspiel eine riesige Portion Ausdruckskraft verleihst. Es geht dabei nicht nur darum, eine Saite irgendwie zu ziehen, sondern darum, Töne gezielt zu formen. Die Grundlage dafür sind die Halbton- und Ganztonschritte.

Halbton-Bending

Ganzton-Bending

Du ziehst einen Ton so hoch, dass er wie der Ton einen Bund weiter klingt.

Du ziehst einen Ton so hoch, dass er wie der Ton zwei Bünde weiter klingt.

Auf dieser Basis haben sich verschiedene Bending-Stile entwickelt, die jeder für sich einen einzigartigen Sound erzeugen. Lass uns die wichtigsten gemeinsam ansehen!

1. Das klassische Bending

Das ist die grundlegendste Form des Saitenziehens und die, die du am häufigsten verwenden wirst. Du schlägst einen Ton an und ziehst die Saite direkt im Anschluss nach oben (oder unten), um die Tonhöhe präzise zu erhöhen – meist um einen Halb- oder Ganzton.

2. Bend & Release: Der Jojo-Effekt

Hier bringst du den Ton wieder zurück zum Ausgangspunkt. Du schlägst eine Note an, ziehst sie auf die gewünschte Höhe und lässt die Saite dann langsam und kontrolliert in ihre ursprüngliche Position zurückgleiten, während der Ton noch klingt. Das erzeugt einen "weinenden" oder "singenden" Effekt, der unglaublich emotional klingen kann.

3. Pre-Bend: Der Überraschungseffekt

Diese Technik ist das genaue Gegenteil vom klassischen Bending und erfordert etwas Übung. Du ziehst die Saite zuerst auf die Zielhöhe (z. B. einen Ganzton nach oben), ohne sie anzuschlagen. Erst wenn die Saite bereits unter Spannung steht, schlägst du sie an. Oft lässt man den gezogenen Ton dann direkt wieder in die Ausgangsposition zurückfallen (ein Pre-Bend & Release). Das ist perfekt für dramatische und überraschende Momente in einem Solo.

4. Smear Bend: Das Geheimnis der Blue Notes

Hier geht es um das Gefühl, nicht um Perfektion. Wie der Name schon andeutet, „verschmierst“ du den Ton. Du ziehst die Saite nur minimal, meist um einen Viertelton – also weniger als einen Halbtonschritt. Dieser leicht „schiefe“ Ton ist das Herzstück des Blues und wird oft verwendet, um die berühmten Blue Notes zu erzeugen, die für den typisch melancholischen Blues-Sound sorgen.

5. Unison Bend: Zwei Saiten, ein Ton

Ein genialer Trick, der dein Spiel sofort voller und professioneller klingen lässt. Du spielst zwei benachbarte Saiten gleichzeitig, wobei du den tieferen Ton so hochziehst, dass er exakt dieselbe Tonhöhe wie der höhere, ungegriffene Ton hat. Das Ergebnis ist ein schwebender, fast chorähnlicher Sound.

Beispiel zum Ausprobieren: Greife mit dem Zeigefinger den 5. Bund der B-Saite (das ist der Ton E). Greife gleichzeitig mit dem Ringfinger den 7. Bund der G-Saite (der Ton D) und stütze ihn mit dem Mittelfinger ab. Nun schlägst du beide Saiten (G und B) gleichzeitig an und ziehst die G-Saite mit dem Ringfinger einen Ganzton nach oben. Wenn du alles richtig machst, hörst du auf beiden Saiten denselben Ton – ein klares, reines E.

Das Bending der Rock-Legenden: Finde deinen Stil

Jeder große Rockgitarrist hat seinen eigenen, unverkennbaren Bending-Stil. Indem du ihnen zuhörst, kannst du unglaublich viel lernen und deinen eigenen Ausdruck finden.

  • Angus Young (AC/DC): Pure Rock'n'Roll-Energie! Angus Youngs Bendings sind oft kurz, scharf und auf den Punkt. Er kombiniert sie mit seinem typischen, wilden Vibrato, das seinen Sound so unverkennbar macht. Hörbeispiel: Das Solo von "Highway to Hell":

  • David Gilmour (Pink Floyd): Der Meister der langsamen, epischen Bendings. Seine Bendings sind oft sehr hoch (manchmal 1,5 oder 2 Ganztöne) und perfekt intoniert. Er lässt die Töne lange stehen und fügt ein langsames, kontrolliertes Vibrato hinzu, das Gänsehaut erzeugt. Hörbeispiel: Das Solo von "Another Brick in the Wall, Pt. 2".

  • Slash (Guns N' Roses): Sein Stil ist bluesgetränkt, aggressiv und voller Leidenschaft. Er nutzt viele schnelle Halbton-Bendings (sogenannte "curl bends") und kombiniert sie oft mit schnellen Licks. Sein Bending-Vibrato ist schnell und intensiv. Hörbeispiel: Das Intro-Solo von "Sweet Child O' Mine".

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Dein erstes Rock-Lick mit Bending (inkl. Tabulatur)

Genug der Theorie, jetzt wird gerockt! Wir haben ein einfaches, aber absolut klassisch klingendes Lick für dich vorbereitet. Es stammt aus der A-Moll-Pentatonik, der wichtigsten Tonleiter für Rock- und Blues-Soli. Mit dieser kleinen Melodie machst du den ersten großen Schritt vom einfachen Akkord-Schubser zum echten Leadgitarristen.

Schnapp dir deine Gitarre und probier das hier aus:

Rock-Lick mit Bending inkl. Tabulatur
  1. Der Bend (7b9): Das ist der wichtigste Teil. Du greifst die G-Saite im 7. Bund und schlägst sie an. Sofort danach ziehst du die Saite so weit nach oben, bis sie so klingt, als würdest du den 9. Bund spielen. Das nennt man ein Ganzton-Bending (zwei Bünde) music2me.com. Halte den Ton kurz.

  2. Wiederholung: Mach genau dasselbe noch einmal. Das hilft dir, ein Gefühl für die richtige Tonhöhe zu bekommen.

  3. Die Auflösung (5-7-5): Nach den Bendings spielst du auf derselben G-Saite nacheinander die Noten im 5. Bund, dann im 7. Bund und wieder im 5. Bund.

  4. Der Schlusston (7): Zum Abschluss spielst du ganz entspannt die Note auf der D-Saite im 7. Bund. Das ist der Grundton "A", der dem Lick ein cooles, abgeschlossenes Ende gibt.

Profi-Tipp: Spiele das Lick am Anfang extrem langsam. Konzentriere dich darauf, dass deine Bendings wirklich sauber und auf der richtigen Tonhöhe klingen. Es ist besser, es einmal langsam und richtig zu spielen als zehnmal schnell und schief

Übung um dein Bending zu perfektionieren

Bending setzt Präzision voraus. Die folgende Übung hilft dir den Zielton korrekt zu treffen und so das Bending zu perfektionieren.

  • Spiele den Anfangston des gewünschten Bendings.

  • Spiele den Zielton des Bendings an.

  • Nun spiele das entsprechende Bending dazu.

  • Wechsle zwischen diesen zweien – zwei Töne sauber gespielt und das entsprechende Bending – hin und her, bis dein Bending perfekt klingt.

6 Tipps, die dir das Saitenziehen erleichtern und verbessern

  1. Höre den Zielton: Bevor du bendest, spiele den Ton, den du treffen willst. So prägt sich dein Gehör die richtige Tonhöhe ein.

  2. Weniger ist mehr: Ein einziges, perfekt platziertes und gefühlvolles Bending ist wirkungsvoller als zehn unsaubere.

  3. Dünnere Saiten helfen: Gerade am Anfang ist das Saitenziehen anstrengend. Dünnere Saiten (z.B. ein 009er-Satz) haben weniger Spannung und lassen sich leichter benden.

  4. Vom Bending ins Vibrato: Lass ein Bending nicht einfach "sterben". Halte den Ton auf der höchsten Stelle und füge ein schönes Vibrato hinzu, um ihn lebendig zu halten.

  5. Übe mit einem Stimmgerät: Um deine Intonation zu kontrollieren, kannst du vor einem Stimmgerät üben. So siehst du genau, ob du den Zielton exakt triffst.

  6. Geduld haben: Niemand wird über Nacht zum Bending-Gott. Es ist eine Fähigkeit, die Kraft in den Fingern und ein gutes Gehör erfordert. Übe regelmäßig, und du wirst schnell Fortschritte machen.

Bending ist mehr als nur eine Technik – es ist Gefühl

Du hast jetzt das Rüstzeug, um mit dem Bending deine Gitarrensoli auf ein völlig neues Level zu heben. Denk immer daran: Es geht nicht nur darum, die Saite irgendwie nach oben zu zerren. Es geht um Ausdruck, um Gefühl, darum, eine Geschichte zu erzählen.

Höre deinen Lieblingsgitarristen genau zu und versuche, ihren Ausdruck nachzuahmen. Experimentiere, sei mutig und finde deinen eigenen Bending-Stil. Denn am Ende des Tages ist das Bending die Technik, die deine Persönlichkeit als Gitarrist am deutlichsten zum Vorschein bringt. Also, worauf wartest du? Lass deine Gitarre singen!

Häufige Fragen zum Bending auf der Gitarre

Das häufigste Problem ist die Intonation. Du ziehst die Saite entweder nicht weit genug oder zu weit. Übe gezielt, den Zielton vorher anzuspielen und ihn dann mit dem Bending exakt zu treffen. Ein Stimmgerät kann dabei helfen.

Dünnere Saiten (z.B. Stärken .009-.042 oder .010-.046) sind einfacher zu benden, da sie weniger Zugspannung haben. Dickere Saiten erfordern mehr Kraft, liefern aber oft einen fetteren Ton.

Ja, aber es ist deutlich schwerer. Die Saiten haben eine höhere Spannung, und man kann sie meist nur einen Halbton oder mit viel Kraft einen Ganzton ziehen. Auf der E-Gitarre ist es die Paradedisziplin.

Halte die Saite auf der höchsten Position des Bendings und bewege deine Hand schnell, aber kontrolliert leicht auf und ab. Dadurch entsteht die schwebende Klangveränderung des Vibratos.

Die häufigsten Fehler sind unsaubere Intonation, zu wenig Kraft (nur ein Finger wird benutzt) und das Nicht-Abdämpfen der anderen Saiten, was zu Nebengeräuschen führt.

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